Die Rechte und Pflichten des Franchisegebers und des Franchisenehmers sind von System zu System verschieden. Es kommt maßgeblich darauf an, wie das Netzwerk organisiert ist und welche Leistungen der Franchisegeber erbringen muss, damit die Franchisenehmer eine Chance auf Erfolg haben. Gleichwohl gibt es im Bereich des Einzelhandels systemtypische Pflichten, die eine nähere Betrachtung verdienen.
Die mit dem Einzelhandel verbundene Notwendigkeit, die Ware zu beschaffen, zu bevorraten, an die Franchisenehmer auszuliefern, im Einzelhandelsgeschäft auszustellen und an die Kunden zu verkaufen, bringt eine Reihe von Notwendigkeiten mit sich, die in jedem Franchisesystem eine Rolle spielen, das im Bereich des Einzelhandels angesiedelt ist. Deshalb ist es durchaus möglich, in allgemeiner Form über die Rechte und Pflichten der Systempartner zu sprechen. Die nachfolgende Darstellung orientiert sich an der Lieferkette, beginnt auf der marktabgewandten Seite und endet mit dem Verkauf an die Kunden.
Supply chain management
Franchisegeber, die ein Einzelhandelssystem betreiben, sind in der Regel Hersteller, Importeure oder Großhändler bzw. gehören zu dem Konzern eines Herstellers. Daneben ist es allerdings auch denkbar, dass der Franchisegeber selbst nicht in der Lieferkette steht, sondern nur das Einzelhandelsnetzwerk organisiert und das Franchisesystem an einen externen Hersteller gebunden hat. Wenn sich der Franchisegeber allerdings in der Lieferkette befindet, treffen ihn eine Reihe von Pflichten, die auf der marktabgewandten Seite mit Beschaffung und Bevorratung zu tun haben. Vor allem wenn der Franchisegeber die Franchisenehmer an sich gebunden hat und den Verkauf von Fremdwaren in den Einzelhandelsgeschäften nicht bzw. nur eingeschränkt zulässt, schuldet er den Franchisenehmer im Gegenzug eine ausreichende Lieferfähigkeit. Dies setzt voraus, dass der Franchisegeber sicherstellt, dass die von den Franchisenehmern benötigten Warenmengen zur Verfügung stehen. Zu diesem Zweck kann der Franchisegeber entweder ein eigenes Warenlager unterhalten oder durch Vereinbarung mit den in der Lieferkette vorgelagerten Unternehmen sicherstellen, dass dort die ausreichende Warenmenge gelagert wird. Letzteres kann vor allem dann Sinn machen, wenn der Franchisegeber nicht selbst in der Lieferkette steht, sondern eine Direktbelieferung der Franchisenehmer durch den Hersteller organisiert hat. Unabhängig davon, wie das Franchisesystem in dieser Hinsicht konkret organisiert ist, trifft den Franchisegeber jedenfalls die Pflicht, die Belieferung seiner Franchisenehmer durch entsprechende Organisationsmaßnahmen sicherzustellen.
Marktforschung und Produktentwicklung
Ein Franchisegeber schuldet, allgemein gesprochen, die Überlassung eines Geschäftskonzeptes, mit dem man profitabel wirtschaften kann. Die Anwendung und Umsetzung des Geschäftskonzeptes ist zwar eine Sache des Franchisenehmers, so dass der Franchisegeber für die Nichterreichung des Erfolges nicht haftet. Aus dieser begrenzten Pflicht des Franchisegebers ergibt sich jedoch auch die Notwendigkeit, das Warensortiment marktgerecht zu halten und an den Kundenwünschen zu orientieren. Dies macht es erforderlich, dass sich der Franchisegeber mit Marktforschung beschäftigt und erkennt, wie sich Wünsche und Erwartungen der Kunden verändern, um seine Produktentwicklung daran auszurichten. In das Organigramm eines Franchisegebers gehören deshalb notwendigerweise Abteilungen für Marktforschung und Produktentwicklung. Dies bedeutet freilich weder, dass der Franchisegeber dafür eigene Mitarbeiter beschäftigen muss – die Aufgaben kann auch die Geschäftsführung übernehmen – noch dass der Franchisegeber diese Aufgaben tatsächlich in seinem Unternehmen erledigen lassen muss. Selbstverständlich ist ein Outsourcing dieser Aufgaben möglich. Wenn der Franchisegeber nur Importeur oder Großhändler ist, der sich seinerseits an einem bestimmten Hersteller gebunden hat, fallen ihm diese Aufgaben von vornherein nicht zu. Es sind dann Marktforschung und Produktentwicklung seitens des Herstellers, auf den der Franchisegeber als Großhändler und die Franchisenehmer als Einzelhändler gemeinsam angewiesen sind.
Warenwirtschaft und Belieferung
Darüber hinaus muss der Franchisegeber ein Warenwirtschaftssystem anbieten und die Belieferung der Franchisenehmer sicherstellen. Die Art und Weise, wie der Franchisegeber dies organisiert, ist ihm überlassen und weicht von System zu System stark voneinander ab. Allerdings sind heute elektronische Warenwirtschaftssysteme üblich, die mit dem Kassen verknüpft sind, die in den Einzelhandelsgeschäften betrieben werden. Auf diese Weise können Franchisegeber und Franchisenehmer die Nachbestellung von Produkten organisieren, wenn ein bestimmter Bruchteil der im Einzelhandelsgeschäft vorhandenen Ware verkauft worden ist. Darüber hinaus lassen moderne vernetzte Kassensysteme die Durchführung von Auswertungen zu, um zu erkennen, welche Produkte gut bzw. schlecht verkäuflich sind. Der Franchisegeber kann dann steuernd und beratend eingreifen, beispielsweise wenn er erkennt, dass ein bestimmter Franchisenehmer gerade ein Produkt mit attraktiver Handelsspanne nicht ausreichend ausstellt und verkauft. In diesem Zusammenhang stellt die „automatische“ Belieferung von Franchisenehmern aufgrund des vorangegangenen Verkaufs einer bestimmten Warenmenge, durchaus ein interessantes rechtliches Problem dar. Unsere Rechts- und Wirtschaftordnung kennt nämlich „Zwangsbelieferungen“ nicht. Die Belieferung eines Franchisenehmers mit gleichzeitiger Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises setzt voraus, dass sich Franchisegeber und Franchisenehmer zuvor über das Kaufgeschäft geeinigt haben. Deshalb muss in den Franchiseverträgen eine Regelung enthalten sein, die die von dem elektronischen Kassensystem ausgelöste automatische Bestellung als Willenserklärung des Franchisenehmers definiert. In diesem Bereich bestehen in einigen Einzelhandelssystemen noch Defizite.
Mindestabnahmepflichten
Die Pflicht des Franchisenehmers, eine bestimmte Warenmenge innerhalb eine bestimmten Zeitraumes abzunehmen, muss von der automatischen Nachbestellung durch das elektronische Kassensystem unterschieden werden. Mindestabnahmepflichten sind nicht in jedem Franchisesystem vorgesehen. Wenn sich die Mindestabnahme in einem Umfang bewegt, der sich in dem betreffenden Franchisesystem als realistisch und durchschnittlich absetzbar erwiesen hat, gibt es zwar keine rechtlichen Bedenken. Es können für den Franchisenehmer damit jedoch Liquiditätsrisiken verbunden sein, die eine Abwägung im Einzelfall erforderlich machen. Wer sich als Existenzgründer für eine Franchiselizenz im Einzelhandel interessiert, sollte den Franchisevertrag daraufhin sorgfältig prüfen und die Systeme erforderlichenfalls mit seinem zukünftigen Franchisegeber besprechen.
Lagerhaltungs- und Ausstellungspflichten im Einzelhandelsgeschäft
Von der Mindestabnahmepflicht wiederum zu entscheiden ist die typischerweise vereinbarte Pflicht des Franchisenehmers, eine bestimmte Menge an Ware und eine bestimmte Zusammensetzung des Warensortimentes in dem Einzelhandelsgeschäft zu bevorraten. Die genaue Ausgestaltung dieser Pflicht ist allerdings abhängig von der Beschaffenheit der Ware. Insbesondere wenn es sich um Saisonartikel handelt oder das Warensortiment mehrfach im Jahr zu erneuern ist (z. B. modische Bekleidung) kann die Pflicht zur Lagerhaltung in einem Franchisesystem im Detail anders gestaltet sein. Damit einher geht häufig die Pflicht, die Ware im Einzelhandelsgeschäft in einer bestimmten Form auszustellen. Diese Pflicht ist im Franchisevertrag in der Regel nur knapp geregelt, während die Einzelheiten in einer Richtlinie bzw. im Betriebshandbuch geregelt werden. Der Franchisegeber wird außerdem verbindlich festlegen, welche Produkte an welcher Stelle bzw. in welchem Regal im Ladengeschäft anzubieten sind. Die Richtlinie wird in der Regel außerdem festlegen, wie die Ware auszustellen ist. Gute Franchisegeber nutzen die Erkenntnisse aus dem elektronischen Kassensystem sowie Methoden der Verkaufspsychologie und der Analyse des Kundenverhaltens, um eine optimale Präsentation zu erreichen. Die damit verbundenen Pflichten des Franchisenehmers sollten deshalb nicht als Last, sondern als enorme Chance verstanden werden.
Austausch von Ware, Umgang mit Retouren
Der Umstand, dass es sich bei Franchisenehmern um rechtlich selbständige Unternehmer handelt, macht den Austausch von Waren zwischen den Einzelhandelsgeschäften nicht einfach. Gleichwohl ist dies in einigen Segmenten, insbesondere beim Schuh- und Textileinzelhandel eine wichtige Option, um die Bedürfnisse der Kunden zu befriedigen. Auf diese Weise kann ein bestimmtes Kleidungsstück, das im Einzelhandelsgeschäft des Franchisenehmers nicht mehr vorhanden ist, kurzfristig von einem anderen Franchisenehmer beschafft werden. Wenn der Franchisegeber dies als sinnvoll ansieht, sollte er für diesen Austausch eine technische Lösung im elektronischen Kassensystem anbieten. Weitaus schwieriger ist der Umgang mit Gewährleistungsfällen, wenn der Kunde eine mangelhafte Ware zurückgeben möchte, die er zuvor bei einem anderen Franchisenehmer gekauft hat. Formal könnte der Franchisenehmer, an den sich der Kunde wendet, einwenden, er sei nicht Verkäufer der Ware. Diese formale Einwendung ist indes negativ für das Image der Marke und muss vermieden werden. Deshalb sollte der Franchisegeber auch hierfür ein System bereitstellen, das beispielsweise mit internen Verrechnungsmöglichkeiten oder einem Gewährleistungspool arbeitet, in dem alle beteiligten Einzelhändler einzahlen. Vergleichbare Herausforderung können auch im Zusammenhang mit Kundenkarten und Gutscheinaktionen auftreten, für die ebenfalls ein netzwerkinternes Ausgleichsinstrument geschaffen werden muss.
Interessanter Artikel, meine meinung nach ein Franchising-System bietet mir in vielen Fällen die Gewißheit und Beruhigung, das hat bei Anderen auch funktioniert, also sollte ich auch dazu in der Lage sein, das durchzuziehen. Man darf nicht vergessen, dass nicht jede Geschäftsidee auch zum Erfolg führt. Dieser Punkt ist sicher einer der Hauptbeweggründe für die vermehrte Verbreitung der Franchise-Idee.