patrick-giesler 31 Okt 2012

Franchising im regulierten Berufsumfeld

Keine Kommentare Recht, Systemaufbau, Systemsteuerung

Ärzte, Zahnärzte, sonstige Heilberufe, Steuerberater und Rechtsanwälte sind nur einige Beispiele für Berufe, die der Gesetzgeber einer besonderen Regulierung unterworfen hat. Die Art und Weise, wie der Beruf auszuüben ist, ist umfangreich gesetzlich geregelt. Der Handlungsspielraum des einzelnen Berufsträgers bei der Ausübung seiner Tätigkeit ist begrenzt. Franchisesysteme, die in diesem Umfeld angesiedelt sind, müssen eine Reihe von Besonderheiten beachten.

Die vergangenen zwei Jahrzehnte waren zwar von einem Zurückweichen der gesetzlichen Regulierung geprägt. Dies war dadurch bedingt, dass immer wieder Berufsträger in Konflikt mit ihren Berufsorganisationen (z. B. Kammern) geraten sind und die Gerichte dem Berufsrecht zu Gunsten der Freiheit zunehmend Grenzen gesetzt haben. Dies hat zu einer Liberalisierung des Berufsrechts bei den meisten regulierten Berufen geführt. Dies darf jedoch nicht darüber täuschen, dass vor allem die Heilberufe immer noch sehr weitreichenden Beschränkungen durch den Gesetzgeber und die Ärztekammern unterliegen.

Anpassungen des Franchisekonzeptes

Wenn ein Franchisesystem im Umfeld eines regulierten Berufs angesiedelt ist, so dass die Franchisenehmer eine Tätigkeit ausüben, die der Regulierung unterliegt, muss das Franchisekonzept inhaltlich an diesen gesetzlichen Bestimmungen ausgerichtet werden. Ein Franchisekonzept im Bereich der Ärzte oder Zahnärzte muss beispielsweise so gestaltet werden, dass die Diagnose- und Therapiefreiheit der teilnehmenden Berufsträger nicht eingeschränkt wird. Wenn Franchisevertrag und Betriebshandbuch diese gesetzliche Grenze überschreiten, droht die Nichtigkeit des gesamten Vertragsverhältnisses wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot. Die Notwendigkeit, das Franchisekonzept an diesen gesetzlichen Grenzen auszurichten, bezieht sich vor allem auch auf das Betriebshandbuch. Denn durch Unterzeichnung des Franchisevertrages verpflichtet sich der Franchisenehmer zur Einhaltung der verbindlichen Richtlinien, die ganz oder überwiegend in dem Betriebshandbuch geregelt sind. Wenn die Richtlinien den Franchisenehmer zu einem Verstoß gegen die bindenden Regeln der Heilberufe zwingen, wird dies regelmäßig zur Gesamtnichtigkeit führen. Denn es ist nicht anzunehmen, dass die Vertragspartner das Vertragsverhältnis auch abgeschlossen hätten, wenn wesentliche Bestandteile des Franchisekonzeptes nur unverbindliche Wünsche des Franchisegebers gewesen wären.

Auch bei heilberufsähnlichen Franchisekonzepten sind gesetzliche Verbote zu beachten, die die Heilberufe betreffen. In Deutschland sind nämlich bestimmte Tätigkeiten denjenigen Personen vorbehalten, die aufgrund ihrer Ausbildung einen Heilberuf ausüben dürfen. Dieses Problem kann sich bei Franchisekonzepten stellen, die im Bereich der allgemeinen Verbesserung des Gesundheitszustandes, der Gesunderhaltung und Prävention tätig sind. Dies ist die Ursache dafür, dass einige Franchisekonzepte auf „Wellness“ setzen, obwohl es inhaltlich durchaus um Krankheitsprävention geht. Eine zu große Nähe zu einer Halbehandlung muss dringend vermieden werden, wenn die Franchisenehmer keine gesetzlich anerkannte Ausbildung zu einem Teilberuf besitzen. Auch diejenigen Franchisekonzepte, die sonstige Behandlungen der Kunden oder eine Einwirkung auf den Körper der Kunden zum Gegenstand haben (z. B. Haarentfernung, Rauchentwöhnung, Gewichtsverlust) müssen sorgfältig darauf achten, dass keine Heilbehandlung angeboten wird. Das ist teilweise keineswegs gesichert. Denn wenn ein bestimmter körperlicher Zustand der Kunden von unserer Rechtsordnung (z. B. von den Krankenkassen) als Krankheit angesehen wird, sind Maßnahmen gegen diesen Zustand womöglich eine Heilbehandlung im Sinne des Gesetzes. Einige Franchisekonzepte bewegen sich hier in einer Grauzone. Beispielsweise kann Übergewicht eine Krankheit sein, so dass die Behandlung von Kunden mit dem Ziel des Gewichtsverlustes – je nach Behandlungsmethode – durchaus als Heilbehandlung gesehen werden kann. Wer als Franchisenehmer in ein solches Franchisekonzept investieren will, sollte die gesetzliche Zulässigkeit und deren ausreichende Absicherung durch den Franchisegeber vor Unterzeichnung des Franchisevertrages verifizieren. Ratsam ist es, dies ausführlich mit dem Franchisegeber zu diskutieren und zusätzlich durch eigene Rechtsberatung abzusichern. Denn wer eine Heilbehandlung im Sinne des Gesetzes durchführt, obwohl er keinen Heilberuf erlernt hat, geht ein hohes Risiko ein: Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche und behördliche Bescheide können dazu führen, dass der Betrieb eingestellt werden muss und die Investition verloren ist. Das kann auch denjenigen treffen, der seine Tätigkeit als Franchisenehmer nicht als Heilbehandlung eingestuft hätte. Der gesetzliche Begriff aus dem Berufsrecht der Heilberufe und der gesunde Menschenverstand stehen hier nicht unbedingt im Einklang.

Werbung und Marketing im Bereich der Heilberufe

Einer besonderen Einschränkung unterliegen im Bereich der Heilberufe die Werbe- und Marketingmaßnahmen. Der Gesetzgeber reguliert mit dem Heilmittelwerbegesetz die Möglichkeiten zur Außendarstellung für Heilbehandlungen. Die in diesem Gesetz enthaltenen Beschränkungen gelten nicht nur für die Berufsträger, die anerkannter Maßen einen Heilberuf ausüben (z. B. Ärzte), sondern – gewissermaßen „erst Recht“ – für Anbieter von Heilbehandlungen, die zu dieser Tätigkeit nicht berechtigt sind. Das vorstehend dargestellte Problem, dass bestimmte Tätigkeiten von unserer Rechtsordnung als Heilbehandlung angesehen werden, wirkt sich vor allem auch bei dem Werbeauftritt eines Franchisesystems aus. Die Verbote des Heilmittelwerberechtes sind vielfältig und reichen von dem Verbot eines Heilungsversprechens bis zu der Unzulässigkeit einer Darstellung von Berufsträgern in ihrer Berufskleidung. Hinzu kommt eine umfangreiche wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung, die Gesundheitsunternehmen bestimmte Handlungsweisen untersagt. Beispielsweise darf der Begriff „Institut“ nur für solche Einrichtungen verwendet werden, die eine gewisse Größe, Relevanz und Wissenschaftlichkeit aufweisen. Beispielsweise kann die Bezeichnung „Institut für Rauchentwöhnung“ verboten sein, wenn es sich um den kleinen Betrieb eines einzelnen Franchisenehmers handelt, in dem keine oder wenig Mitarbeiter beschäftigt werden.

Franchisegeber, die das Franchisekonzept in einem medizinnahen Bereich angesiedelt haben, müssen also das Marketingkonzept und die Werbevorlagen an diesen Regeln ausgerichtet haben. Das ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil die Außenwirkung eines Franchisesystems deutlich größer ist, als die Sichtbarkeit eines einzelnen Unternehmens. Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen und Unterlassungsverfügungen können jeden Franchisenehmer treffen und Wettbewerber sind berechtigt, einen Franchisenehmer nach dem anderen anzugreifen. Dies hat vereinzelt dazu geführt, dass Wettbewerber regelrecht „Jagd“ auf die Franchisenehmer gemacht haben. Die Frage, ob der Franchisegeber anschließend schadenersatzpflichtig ist, kann nicht pauschal beantwortet werden. In der Praxis kann sich diese Frage auch als uninteressant erweisen, wenn der Franchisegeber nicht in der Lage ist, den Schaden zu ersetzen: Die Kosten für 50 Unterlassungsverfügungen gegen 50 Franchisenehmer übersteigen womöglich auch die finanziellen Ressourcen eines Franchisegebers.

Franchisesysteme, deren Franchisenehmer die notwendige Ausbildung für einen Heilberuf erlernt haben (z. B. ein Franchisesystem für Zahnärzte) müssen sich selbstverständlich keine Sorge um die Berechtigung der Franchisenehmer machen, den betreffenden Beruf auszuüben. Die Grenzen der berufsrechtlich erlaubten Werbung müssen allerdings auch diese Franchisekonzepte beachten. Das klingt nach einer Binsenweisheit. Eine besondere Bedeutung bekommt diese Erkenntnis vor allem deshalb, weil Franchisekonzepte in der Wahrnehmung der Kunden einen Unterschied machen: Franchisesysteme haben aufgrund der Bündelung finanzieller Ressourcen andere Werbemöglichkeiten und möchten in der Regel wenigstens bei der Außenwahrnehmung Neuland betreten. Wer also als Franchisegeber an die Grenzen des Heilmittelwerberechts gehen möchte, solle dazu mit den Franchisenehmern eine klare Vereinbarung treffen. Beispielsweise sollte man die unterschiedlichen Werbemaßnahmen in die Gruppen „sicher“ und „nicht vollständig abgesichert“ einteilen und den Franchisenehmern die Möglichkeit geben, frei aus einem Portfolio von Werbemaßnahmen zu wählen. Jeder Franchisenehmer kann dann für sich entscheiden, wie viel Risiko er in Kauf nehmen möchte. Wenn dies richtig ausgestaltet wird, sinkt das Haftungsrisiko des Franchisenehmers, falls bei dem Versuch, die Grenzen auszuloten, versehentlich eine Grenzüberschreitung stattfindet.

Ausblick

Franchisesysteme für Heilberufe haben eine große Zukunft angesichts des sinkenden Einkommens und erhöhter Risiken der Heilberufsträger. Wenn der finanzielle Kuchen, den sich die Heilberufsträger teilen müssen, in der Größe schwindet, können Franchisesysteme eine Umverteilung zu Gunsten der teilnehmenden Berufsträger erreichen. Wer als Arzt, Zahnarzt, Physiotherapeut oder Heilpraktiker in einem Franchisesystem tätig ist, kann von dem kleineren Kuchen trotzdem ein größeres Stück erhalten. Auch im Bereich der heilberufsnahen Tätigkeiten gibt es eine Reihe von attraktiven Franchisesystemen, die auch denjenigen Existenzgründern offen stehen, die kein Heilberuf erlernt haben. Allerdings ist es jedem angehenden Franchisenehmer zu empfehlen, die rechtliche Zulässigkeit des Franchisekonzeptes und der vorgesehenen Werbemaßnahmen durch ein intensives Gespräch mit dem Franchisegeber zu überprüfen.

Teilen
Ihren XING-Kontakten zeigen
patrick-giesler
Keine Rückmeldung zu “Franchising im regulierten Berufsumfeld”

Hinterlasse ein Kommentar