In Deutschland gibt es nur wenige börsennotierte Franchisegeber. Das ist kein Zufall. Es ist nämlich schwierig, das erfolgreiche Management eines Franchisesystems und die maximale Steigerung Aktienkurses miteinander in Einklang zu bringen.
Unter „Shareholder Value“ versteht man – vereinfacht – der Marktwert einer Unternehmensbeteiligung. Bei einer am „Shareholder Value“ orientieren Unternehmenspolitik geht es darum, den Kurswert der Beteiligung und damit den Marktwert des Gesamtunternehmens zu maximieren. Die reine „Shareholder Value“ Unternehmenspolitik ist oft Gegenstand von Kritik. Sie ist Sinnbild für eine kurzsichtige Unternehmenspolitik, die mit Geschäftspartnern eher rücksichtslos umgeht. Die Fokussierung auf den Marktwert des Eigenkapitals ist nämlich eine Verkürzung der unternehmerischen Realität. Bei unternehmerischen Entscheidungen müssen auch potenzielle Auswirkungen auf Vertragspartner (Lieferanten, Kunden, Franchisenehmer), Mitarbeiter, Öffentlichkeit und Umwelt berücksichtigt werden. Die Kritik an der einseitigen Ausrichtung an den Interessen der Eigenkapitalgeber hat zu zahlreichen konzeptionellen Weiterentwicklungen der wertorientierten Unternehmensführung geführt, wie etwa dem Stakeholder-Value-Ansatz oder dem ganzheitlichen Managementsystem „Balanced Scorecard“. Das eigennützige Interesse vieler Aktionäre an einer Steigerung des Kurswertes bleibt dennoch ein erhebliches Problem bei börsennotierten Unternehmen.
Wenn man weiß, welche Besonderheiten ein Franchisegeber bei dem Management eines Franchisesystems beachten muss, wird der Konflikt mit dem „Shareholder Value“ Prinzip schnell deutlich. Die Besonderheiten beginnen damit, dass der Einfluss des Franchisegebers auf die Systembetriebe eingeschränkt ist. Franchisenehmer können nicht „geführt“ werden wie angestellte Filialleiter, obwohl natürlich eine andere Form der Führung auch hier zum richtigen Management der Systemzentrale gehört. Franchisenehmer sind selbständige Unternehmer. Der Franchisegeber kann nur einen mittelbaren Einfluss auf die Systembetriebe nehmen, indem er verbindliche Richtlinien aufstellt und deren Einhaltung kontrolliert. Solche Richtlinien sind notwendig, um das einheitliche Erscheinungsbild der Betriebe zu erreichen. Der Franchisegeber führt also mit einer Art Richtlinienpolitik. Wegen der Mittelbarkeit des Einflusses ist allerdings eine Änderung der Unternehmensstrategie nur mühsam (jedenfalls nur mit Verzögerung) in den Systembetrieben umsetzbar. Lange Umstellungsfristen sind für einen Unternehmensvorstand, der den „Shareholder Value“ erhöhen möchte, geradezu ein Alptraum.
Manche Franchisegeber sehen ihre Franchisenehmer von vornherein „nur“ als Kunden an. Das klingt einfach und passt zum Gedanken des „Shareholder Value“. Diese Einstellung ist ein schwerwiegender Fehler. Franchisenehmer sind mehr als Kunden – sie werden für den Aufbau der Marke eingesetzt. Kunden sollen Ware kaufen. Franchisenehmer hingegen sollen die Ware vermarkten. Kosten, die mit der intensiven Betreuung von Franchisenehmern entstehen, lassen sich mit dem „Shareholder Value“ oft nicht vereinbaren. Franchising ist eine aufwändige Methode zur Vermarktung. Hoher Aufwand und „Shareholder Value“ passen nur langfristig zueinander.