Im Zusammenhang mit einigen Franchisekonzepten ist von Journalisten oder Verbänden zu hören, dass bestimmte Netzwerke angeblich „nur ein Lizenzsystem“ seien. Auch viele Franchisegeber unterliegen Fehlvorstellungen und äußern gegenüber ihren Anwälten z.B. den Wunsch, „nur einen Lizenzvertrag“ erstellen zu lassen. Damit verbindet sich die Erwartung, dass sich rechtliche Gegebenheiten ändern.
Das ist größtenteils einfach nur Unsinn. Man kann durch die Wahl eines anderen Begriffs nicht die rechtlichen Wirkungen austauschen.
Die Verwirrung, die in der Praxis herrscht, lässt sich sicherlich damit erklären, dass weder Franchise noch Lizenz spezialgesetzlich geregelt sind. Der Begriff „Franchise“ wird im Gesetz nirgendwo verwendet und das Wort „Lizenz“ wird nur im Markengesetz erwähnt. Wenn es keine gesetzlichen Definitionen gibt, kann auch niemand die Grenze zwischen Franchising und Lizenzvergabe offiziell festlegen. Grundsätzlich ist nach gängiger Auffassung eine Lizenz einfacher und statischer als eine Franchise. Unter einer Lizenz versteht man üblicherweise die vertragliche Einräumung eines Nutzungsrechts, z.B. an einer Marke, an einem Patent oder an einem Urheberrecht. Um 1900 haben sich Juristen gern der lateinischen Sprache bedient – wohl um damit einen Bezug zu römisch-rechtlichen Traditionen herzustellen, sicherlich aber auch, um elitär zu wirken. Aus dieser Zeit stammt der Grundsatz „falsa demonstratio non nocet“ (frei übersetzt: „Die Verwendung der falschen Bezeichnung ist unschädlich“). Das bedeutet: Es kommt allein auf den Inhalt einer Vereinbarung an und nicht darauf, welchen Begriff die Vertragspartner als Überschrift gewählt haben.
Oder anderes: Nicht nur dort, wo Franchising drauf steht, ist auch Franchising drin. Man muss also immer sehr genau hinsehen.
In der Praxis stecken hinter vielen angeblichen Lizenz-Systemen in Wirklichkeit Franchise-Systeme. Die Beweggründe der Systemzentrale, das Franchise-System in ein „Lizenz-System“ umzudeklarieren, sind sehr unterschiedlich. Oft unterliegen die Unternehmen dem Irrtum, die Haftungsrisiken für die Systemzentrale seien geringer und die „Lizenz-Nehmer“ hätten größere Freiheiten, wenn man die falsche Bezeichnung wählt. Diese Hoffnung ist natürlich nur dann – möglicherweise – berechtigt, wenn auch der Vertragsinhalt nicht dem Franchising zuzuordnen ist. Abgesehen davon gibt es auch Systeme, in denen man zwischen einer Tätigkeit als „Lizenz-Nehmer“ und „Franchise-Nehmer“ wählen kann. Bei näherer Betrachtung sind beide Vertragstypen eigentlich dem Franchising zuzuordnen. Dem Franchise-Geber geht es wohl eher um eine sprachliche Trennung – das ist rechtlich auch vollkommen in Ordnung.