Besondere Gefahren bestehen bei der internationalen Expansion dann, wenn ein Franchise-Geber wenig Kenntnisse über das Zielland und dessen Markt hat. Dabei ist es sogar noch als positiv zu bewerten, wenn eine vorurteilsbedingte Vorsicht herrscht. Übertriebene Vorsicht ist immerhin besser als reine Gedankenlosigkeit. Ein US-amerikanischer Unternehmer hat uns wörtlich gesagt, Europa sei für ihn „Voodoo“. Er hatte diffuse Angst vor einer Expansion nach Deutschland. Diese Vorurteile kennen wir auch umgekehrt: Manche deutsche Unternehmer, die Geschäfte in den USA machen, haben unberechtigte Angst davor, vor einem US-amerikanischen Gericht verklagt zu werden. Hört man nicht immer wieder vor Verbraucherklagen, die für das beklagte Unternehmen mit astronomischen Schadenersatzzahlungen enden?
Übertriebene Vorsicht wird auf Dauer dann bedenklich, wenn sie Unternehmer von lohnenswerten Investitionen abhält. Die Angst vieler US-Amerikaner vor dem deutschen Markt ist natürlich vollkommen unbegründet. Soweit es um Franchising geht, leben wir glücklicherweise in einer vollkommen liberalen Rechts- und Wirtschaftsordnung.
Eine Machbarkeitsstudie, die das potentielle Kundeninteresse für die Produkte erforscht, ist hingegen immer geboten. Gefährlicher wird es nämlich, wenn die andere Marktkultur nicht erkannt wird, weil man davon ausgeht, dass es selbstverständlich überall auf der Welt so zugeht, wie man es von seinem eigenen Land gewohnt ist. Warum sollte es in einem anderen Land auch anders sein? Eingeweihte können sich noch gut an die übertriebene Erwartungshaltung eines Immobilienmakler-Systems aus Nordamerika erinnern. Amerikaner ziehen bekanntlich eher häufig um und verkaufen dementsprechend häufig ihre Immobilien. Man kann also sagen: Ein guter Markt für Makler. Die Idealvorstellung der Deutschen hingegen besteht darin, Immobilien über Generationen in der Familie zu halten. Die Schwierigkeiten des Immobilienmakler-Systems wären vorherzusehen gewesen.
Erhebliche Risiken gehen auch von unterschiedlichen Rechtskulturen aus, wenn man die Unterschiede nicht frühzeitig erkennt. Die Risiken beginnen bei dem Franchise-Vertrag und enden bei den rechtlichen Rahmenbedingungen für das Geschäftskonzept. In ausländischen Rechtskulturen sind Vertragsklauseln möglich, die nach unserem Verständnis unwirksam – in ihrer Wirkung manchmal geradezu grotesk – erscheinen. Vor allem darauf muss geachtet werden, wenn ein System international expandiert. Wir erinnern uns beispielsweise an einen niederländischen Franchise-Vertrag, der den jederzeitigen Wegfall des vereinbarten Gebietsschutzes vorsah.