Volker Güntzel Aug 2017

5 Punkte, die bei der Gestaltung von Handbüchern rechtlich zu beachten sind

Keine Kommentare Recht, Systemaufbau

Den meisten Franchisegebern ist bewusst, dass sie schon aus kartellrechtlichen Gesichtspunkten ihr systemspezifisches Know-how schriftlich zu dokumentieren haben. Dies erfolgt in der Regel mit Hilfe eines Handbuchs. Im Zusammenhang mit Handbüchern in Franchisesystemen sind unterschiedliche Begriffe wie „Franchisehandbuch“, „Partnerhandbuch“ oder „Betriebshandbuch“ anzutreffen. Letztendlich haben diese dieselbe Bedeutung. Es geht um die Sammlung von Richtlinien und Empfehlungen des Franchisegebers. In diesen wird beschrieben, wie ein Systembetrieb in dem Franchisesystem geführt werden muss, um die gewünschte Quasi-Filialität zu erreichen, die Einhaltung des Franchisekonzepts zu gewährleisten und dem Franchisenehmer zu der gewünschten „Teilnahme an dem Systemerfolg“ zu verhelfen. Letztlich stellt das Handbuch die Bedienungsanleitung für ein Unternehmen dar.

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Im Zusammenhang mit der Verwendung eines Franchise-Handbuchs bestehen einige rechtliche Anforderungen, die Franchisegeber unbedingt beachten sollten. Fünf zentrale Aspekte habe ich nachfolgend für Sie aufgegriffen:

1. Keine Regelung der Leistungspflichten der Franchisenehmer

Zunächst einmal stellt sich die Frage, was in einem Handbuch geregelt wird. Dabei gilt: Die Leistungspflichten des Franchisenehmers sollten nicht in einem Handbuch geregelt werden. Das betrifft nicht nur die Hauptleistungspflichten wie die Zahlung der vereinbarten Gebühren, sondern auch die Nebenleistungspflichten wie die Geheimhaltungsverpflichtung oder das Wettbewerbsverbot. Dementsprechend sollte in dem Handbuch nur eine nähere Ausgestaltung der in dem Franchisevertrag vereinbarten Pflichten vorgenommen werden.

Was ist der Grund dafür? Für Franchiseverträge, die sich als Ratenlieferungsvertrag darstellen, gilt gem. § 510 Abs. 1 Satz 1 BGB ein gesetzliches Schriftformerfordernis. Um dieses zu wahren, müssen sämtliche formbedürftigen Teile des Rechtsgeschäfts, d. h. das gesamte Rechtsgeschäft einschließlich aller Nebenabreden, in den Vertrag aufgenommen werden. Würden diese Teile ausschließlich im Handbuch geregelt werden, würde das gesetzliche Schriftformerfordernis nicht erfüllt werden.

Und der Verstoß gegen dieses Schriftformerfordernis gem. § 139 BGB kann zur Gesamtunwirksamkeit des Franchisevertrages führen. Daher sollte hier auf keinen Fall ein Risiko eingegangen werden.

2. Die Wechselwirkung zwischen dem Franchisevertrag und dem Handbuch

Bereits aufgrund des soeben erläuterten Schriftformerfordernisses besteht eine notwendige Wechselwirkung zwischen dem Franchisevertrag und dem Handbuch, die sich aus ausdrücklichen oder inhaltlichen Verweisungen ergibt.

  • In dem Franchisevertrag wird die Basis der partnerschaftlichen Zusammenarbeit vereinbart, d. h. die in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Rechte und Pflichten der Vertragspartner.
  • Im Handbuch wird die nähere Ausgestaltung der vereinbarten Leistungen und Pflichten beschrieben.

Dies hat gute Gründe: Einerseits wird der in der Regel bereits recht umfangreiche Franchisevertrag nicht unnötig aufgebläht. Andererseits kann ein Handbuch, anders als der Franchisevertrag, der stets nur von spezialisierten Anwälten bearbeitet werden sollte, auch von dem Franchisegeber und dessen Mitarbeitern an neue Erkenntnisse, Änderungen in dem System etc. angepasst werden.

Diese Wechselwirkung, die in einem gut gestalteten Franchisevertrag stets vorgesehen ist, führt dazu, dass dem Franchisenehmer das Handbuch stets vollständig und ohne Mangel zu überlassen ist. Wenn dies nicht erfolgt, d. h. der Franchisenehmer sich dieses Handbuchs nicht oder nicht sinnvoll nutzbar machen kann, hat der Franchisegeber eine der ihm obliegenden Hauptleistungspflichten aus dem Franchisevertrag nicht erbracht. Dies bedeutet, dass der Franchisenehmer entweder die dafür vereinbarte Gegenleistung in Form der Eintritts- bzw. Einstiegsgebühr mindern oder sogar von dem Franchisevertrag zurücktreten kann.

3. Die Geltung des AGB-Rechts

Des Weiteren handelt es sich bei den Regelungen in dem Handbuch um sogenannte Allgemeine Geschäftsbedingungen des Franchisegebers. Das bedeutet, dass diese insoweit einer AGB-rechtlichen Kontrolle unterliegen. Besonderer Aufmerksamkeit ist dabei zum einen dem sogenannten Transparenzgebot zu widmen, d. h. dem Gebot, dass die Regelungen klar und verständlich sein müssen. Zum anderen müssen die entsprechenden Klauseln angemessen sein, d. h. dürfen den Franchisenehmer nicht unangemessen benachteiligen. Verstößt der Vertrag gegen AGB-rechtliche Anforderungen, hat das zur Folge, dass die gesamte diesbezügliche Regelung in dem Handbuch als unwirksam wegfällt.

Jeder Franchise-Geber möchte, dass die Regelungen aus dem Handbuch wirksam in das Franchise-Verhältnis einbezogen werden. Dafür muss der Franchisenehmer vor Abschluss des Franchise-Vertrages in zumutbarer Art und Weise von dem Inhalt des Handbuches Kenntnis erlangen können. Das Handbuch jedoch bereits vor Abschluss des Franchise-Vertrags auszuhändigen – dies wäre erst nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist nach Vertragsabschluss der Fall – verbietet sich aber. Schließlich beinhaltet ein Handbuch systemspezifisches Know-how, das es zu schützen gilt.

Daher empfiehlt es sich, bis zum Ablauf der Widerrufsfrist das Franchise-Handbuch nicht auszuhändigen, sondern dem Franchiseinteressenten nur eine ausführliche Einsichtnahme unter Aufsicht zu gewähren.

4. Die Aufnahme eines Änderungsvorbehalts

Die Inhalte eines Handbuches können grundsätzlich von der Festlegung der verbindlichen Systemvorgaben bis hin zur Darstellung der Prozesse und des täglichen Geschäftsablaufs reichen. Ein Franchisegeber muss deshalb nicht nur die Möglichkeit haben, diese zu ändern. Er muss auch dafür Sorge tragen, dass die Inhalte stets aktuell sind. Wird das Franchisekonzept also weiterentwickelt (wozu ein Franchisegeber verpflichtet ist), muss sich dies auch im Handbuch entsprechend widerspiegeln.

Aus diesen Gründen ist zum einen in dem Handbuch die Aufnahme eines Änderungsvorbehaltes zwingend geboten und zum anderen auch in dem Franchisevertrag im Hinblick auf das Handbuch zu empfehlen.

Bei einem solchen Änderungsvorbehalt handelt es sich um ein einseitiges Bestimmungsrecht des Franchisegebers. Manche Änderungen können einen erheblichen Investitionsbedarf für die Franchisenehmer auslösen. Deshalb ist der Franchisegeber nach Treu und Glauben verpflichtet, die Interessen des Franchisenehmers zu berücksichtigen.

Damit der Änderungsvorbehalt keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB darstellt, d. h. in AGB-rechtlicher Hinsicht unwirksam ist, sind die modifizierbaren Bereiche möglichst genau festzulegen. Des Weiteren ist die Leistungsfähigkeit der Franchisenehmer zu berücksichtigen. Dies kann beispielsweise dadurch erreicht werden, dass die Kostentragungspflicht eingeschränkt wird oder dass gewisse Übergangsfristen vereinbart werden, bis die jeweiligen Änderungen durchzuführen sind.

5. Reduzierung des Ausmaßes an verbindlichen Systemvorgaben

Obwohl dem Franchisegeber natürlich ein fachliches Direktionsrecht und die Befugnis zur Gestaltung von Qualitäts- und Verhaltensstandards zustehen, sollten verbindliche Systemvorgaben im Handbuch auf das erforderliche Minimum reduziert werden. Legt der Franchisegeber in dem Handbuch neue Weisungs- und Kontrollrechte fest, die über die Regelungen des Franchisevertrages hinausgehen, kann dies ansonsten die unternehmerische Selbständigkeit des Franchisenehmers beeinträchtigen.

Daher sollte, um die Einhaltung der Selbständigkeitskriterien analog § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB zu gewährleisten, das Handbuch möglichst wenig verbindliche Systemvorgaben enthalten. Stattdessen sollten lieber Empfehlungen ausgesprochen werden. Kann der Franchisenehmer seine Tätigkeit im Wesentlichen frei bestimmen, ist es nicht problematisch, wenn in dem Handbuch zur Wahrung der Corporate Identity und zur Erreichung einheitlicher Qualitätsstandards eine gewisse Anzahl von verbindlichen Systemvorgaben enthalten ist. Solche Systemvorgaben können sich z. B. auf die Ausstattung des Franchisebetriebs, die Einhaltung des Marketingkonzepts, die Präsentation des Warensortiments, die Werbeausstattung und die Bekleidung des Personals beziehen. Es geht letztendlich nur darum, den Inhalt des Handbuchs ausgewogen zu gestalten. Das bedeutet, dass nicht nur bloße Muss-Vorschriften enthalten sein sollten.

6. Resümee

Der Franchisevertrag und das betreffende Handbuch stehen in einer Wechselwirkung zueinander. Vor diesem Hintergrund und den dargestellten rechtlichen Anforderungen empfiehlt es sich, einen auf Franchiserecht spezialisierten Juristen bei der Gestaltung eines Handbuchs mitwirken zu lassen.

Dieser muss das Handbuch selbstverständlich nicht erstellen. Er sollte allerdings im Rahmen einer Endkontrolle die folgenden Punkte überprüfen:

  • Werden in dem Handbuch über den Franchisevertrag hinausgehende Pflichten vereinbart?
  • Gehen die Verweisungen des Franchisevertrages auf das Handbuch nicht ins Leere?
  • Ist der Inhalt des Handbuchs in den AGB-rechtlich überprüfbaren Bereichen ausreichend transparent und inhaltlich angemessen gestaltet?
  • Genügt der Änderungsvorbehalt den Anforderungen der Rechtsprechung?
  • Besteht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen verbindlichen Systemvorgaben zu bloßen Empfehlungen?
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Ina Mayer Dez 2014

Praxistipps: So halten Sie Ihr Franchise-Handbuch aktuell

Keine Kommentare Allgemein, Recht, Systemsteuerung

Zu fast jedem Franchise-Vertrag gehört ein Franchise-Handbuch. Als dessen Anlage beschreibt es notwendige Regelungsinhalte im Detail und dokumentiert das aktuelle Systemwissen für den Franchise-Partner. Doch welcher Franchise-Geber kennt das nicht: Ist die Hürde der Neuerstellung einmal geschafft und das Know-how für den unternehmerischen Erfolg dokumentiert, geht die Arbeit erst richtig los. Ein Handbuch immer aktuell zu halten, ist leichter gesagt als getan. Für viele Franchise-Geber dürfte es sogar eher eine lästige Aufgabe sein, das sich weiterentwickelnde Know-how rund um das lokale Unternehmen, den Markenaufbau sowie die Systemstandards in das Handbuch einzuarbeiten. Nicht selten erlebt man in der Praxis, dass das Franchise-Handbuch mit der Realität fast gar nichts mehr gemein hat. Und das ist nicht nur aus rechtlicher Sicht mehr als bedenklich.

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Wie Sie Ihr Franchise-Handbuch mit wenig Aufwand auf dem neuesten Stand halten können.

(1) Heute schon an Morgen denken

Wer diesen Grundsatz bei der Erstellung des Handbuchs beachtet, wird es später leichter haben.

  • Eine übersichtliche Gliederung mit klar abgegrenzten Kapiteln ermöglicht es, Themenfelder zu aktualisieren, ohne das gesamte Handbuch prüfen zu müssen.
  • Checklisten, Produktlisten oder Prozessdarstellungen, die regelmäßig geändert werden, gehören in den Anhang. Dieser kann bei Bedarf schnell und unkompliziert ausgetauscht werden, ohne Verweise im Fließtext oder Seitenzahlen im Handbuch verändern zu müssen.
  • Gesetzliche Bestimmungen können sich schnell ändern. Sie zu dokumentieren und aktuell zu halten, kostet nicht nur Ressourcen, sondern birgt auch Gefahren in Bezug auf die ordnungsgemäße Darstellungsweise. Die Lösung: Verweisen Sie auf eine zuverlässige Quelle, bei der sich der Franchise-Partner regelmäßig informieren sollte.

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