patrick-giesler 16 Dez 2011

Kulturelle Unterschiede und internationale Systemexpansion (Teil 1)

Keine Kommentare Recht, Systemaufbau, Systemsteuerung

Jedes Franchisesysteme soll expandieren. Darum geht es. Fast alle Franchisesystem sind dabei prinzipiell auf internationales Wachstum ausgelegt. Die damit verbundenen Chancen sind enorm. Allerdings können sich aus den kulturellen Unterschieden auch Probleme ergeben. Das Bewusstsein für die Unterschiede hilft, Schwierigkeiten zu vermeiden.

Wenn ein Franchise-Geber aus Land A und ein Franchise-Nehmer aus Land B miteinander ins Geschäft kommen, besteht die größte Gefahr für den Erfolg ihrer Zusammenarbeit in den versteckten Missverständnissen. Jeder glaubt, er kenne die Vorstellungen und Erwartungen seines Geschäftspartners. Tatsächlich reden aber beide aneinander vorbei. Leben wir nicht im Zeitalter der Globalisierung? Gibt es nicht längst eine einheitliche Herangehensweise an eine internationale Kooperation in den Industrienationen? Weit gefehlt.

Die Probleme beginnen mit den Sprachen. Franchise-Verträge und Handbücher müssen von einem Fachübersetzer übertragen werden, bevor man mit der Suche nach Franchise-Nehmern in dem Zielland beginnen kann. Dabei heißt „Fachübersetzer“, dass es sich um einen zweisprachigen Juristen handeln sollte. Andernfalls ist mit Nonsens-Texten zu rechnen, wobei der Franchise-Geber den Sinngehalt selbst nicht erkennen kann, weil er sich notgedrungen auf die Arbeit des Übersetzers verlassen muss. Vor einigen Jahren haben wir ein britisches Franchise-System nach Deutschland begleitet. Der Franchise-Geber präsentierte uns zu Beginn stolz die – für ihn natürlich nicht überprüfbare – Übersetzung seines englischen Franchise-Vertrages. Der Ausdruck „Nonsens-Text“ für diese Übersetzung war noch eine Untertreibung. Kostprobe gefällig?

„Der Franchisee, dem die Gelegenheit gegeben wurde, Einzelheiten zu der Firma, oder irgendwelchen Behauptungen oder Darstellungen darzulegen und zur Verfügung zu stellen, über die er nachdenkt, und die ihn veranlasst haben, diesen Vertrag zu schließen sollen, zu dem Ausmaß, dass irgendwelche solche Behauptungen oder Darstellungen dieser Abmachung nicht angefügt werden, bestätigen, dass er sich auf keine solche Behauptung oder Darstellung verlassen hat.“

In diesem Stil war der gesamte Vertrag abgefasst. Bedenklicher als dieses skurrile Beispiel sind allerdings diejenigen Missverständnisse, die nicht erkannt werden. Bei der Beratung eines französischen Franchise-Gebers fiel beispielsweise auf, dass dieser seine deutschen Franchise-Nehmer ständig „Kommissionäre“ nannte. Der Franchise-Vertrag war als „Kommissionsvertrag“ übersetzt worden. Tatsächlich allerdings war die Vereinbarung eines Kommissionsgeschäft keineswegs gewünscht. Vielmehr sollten die Franchise-Nehmer – wie es beim Franchising auch üblich ist – als selbständige Händler das eigene Warenrisiko tragen. Durch dieses Missverständnis war ein Streit vorprogrammiert.

Ich freue mich auf Ihre Kommentare! Wer hat solche Absurditäten auch schon mal erlebt?

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patrick-giesler
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