patrick-giesler 06 Aug 2012

Standortsuche, Standortanalyse und Standortsicherung in Franchisesystemen

Keine Kommentare Recht, Systemaufbau, Systemsteuerung

Der Standort eines Systembetriebes spielt bei den Geschäftskonzepten, bei denen ein Kundenverkehr in den Betriebsräumen stattfindet, eine große Rolle. Dies gilt für die naheliegenden Beispiele der Systemgastronomie und des Einzelhandels ebenso wie für viele Dienstleistungen, die eine Annahmestelle oder ein Büro für Kundengespräche erfordern. Wenn der Standort von Bedeutung ist, arbeiten Franchisegeber und Franchisenehmer bei Standortsuche, Standortanalyse und Standortsicherung arbeitsteilig zusammen. Für beide Vertragspartner sind damit Chancen und Risiken verbunden.

Die Zusammenarbeit zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer beginnt regelmäßig im Vorfeld der Unterzeichnung des Franchisevertrages mit der Suche nach einem geeigneten Standort. In einigen Systemen spielt sich dieser Vorgang in einem vertragslosen Zustand ab. Andere Franchisegeber verwenden einen Vorvertrag oder eine Reservierungsvereinbarung, um gewisse wechselseitige Risiken durch entsprechende Regelungen abzudecken.

Risiken in der vorvertraglichen Phase

Es ist erkennbar nie sinnvoll, eine faktische Zusammenarbeit zu praktizieren, ohne dafür eine vertragliche Grundlage zu haben. Franchisegeber und Franchisenehmer investieren in der Phase der Standortsuche viel Zeit. Der Franchisegeber wird womöglich seine Mitarbeiter mehrfach vergeblich entsenden, um Standorte zu besichtigen und dadurch entstehen ihm Kosten. Eine Erstattung dieser Kosten ist ohne eine vertragliche Grundlage kaum möglich, wobei unter gewissen Voraussetzungen der Aufwendungsersatzanspruch aus dem Auftragsrecht anwendbar sein kann. Umgekehrt hat der Franchisenehmer während der standortbezogenen Bemühungen in der vorvertraglichen Phase keine Sicherheit, ob ihm später tatsächlich ein Franchisevertrag angeboten wird. Es ist vorstellbar, dass viele Monate mit umfangreichen Bemühungen verstreichen und sich der Franchisegeber letztlich für einen anderen Kandidaten entscheidet. Vor diesem Hintergrund sind beide Seiten gut beraten, wenn sie die Phase vor der Unterzeichnung des Franchisevertrages in einem Vorvertrag oder einer Reservierungsvereinbarung regeln. Wenn dem Franchisenehmer in diesem Zeitraum bereits bestimmte Geschäftsgeheimnisse des Franchisegebers offenbart werden, insbesondere die Kriterien für die Standortauswahl, kann in diesem Vorvertrag die erforderliche Geheimhaltung festgelegt werden.

Standortsuche

In der Franchisewirtschaft gibt es zwei unterschiedliche Herangehensweisen an die Standortsuche. Bei vielen Systemen ist dies eine Aufgabe des zukünftigen Franchisenehmers. Wenn es sich um eine Stadt handelt, in der er bislang seinen Lebensmittelpunkt hatte, kann man annehmen, dass der die Gegebenheiten der Stadt gut beurteilen kann. Der Franchisegeber wird den Franchisenehmer in diesen Fällen wahrscheinlich mit einem Katalog von Standortkriterien ausstatten. Denn der Franchisenehmer kennt zwar seine Stadt, nicht hingegen die Besonderheiten des Franchisekonzeptes und dessen Anforderungen an die Beschaffenheit von Lage, Größe, Ausstattung und Umfeld der Systembetriebe. Dies kann so weitgehen, dass der zukünftige Franchisenehmer Tage lang Kundenströme zählt und die gewonnenen Erkenntnisse in eine Formel einsetzt, die ihn der Franchisegeber zur Verfügung stellt. Diese Methode ist sinnvoll, wenn das Geschäftsmodell auf ein Impulsgeschäft setzt, dass eine ausreichende Zahl von vorbeiströmenden Laufkunden erforderlich macht. Die alternative Herangehensweise besteht darin, dass der Franchisegeber seine Mitarbeiter bzw. beauftragte Unternehmensberater entsendet, die die erforderlichen Aufgaben im Rahmen der Standortsuche ausführen. In der Regel wird der Franchisegeber in diesen Fällen einen Vorvertrag abschließen wollen, in dem eine Pauschalvergütung oder ein Anspruch auf Erstattung der entstehenden Kosten geregelt sind. Denn der Franchisegeber übernimmt damit eine Aufgabe, die normalerweise zu den Obliegenheiten des Franchisenehmers gehört. Der Franchisenehmer ist als selbständiger Unternehmer verantwortlich für die Suche nach dem Standort seines zukünftigen Systembetriebes. Falls ihm der Franchisegeber diese Aufgabe als Dienstleister abnimmt, sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass dieser Dienstleister dafür eine Vergütung erhalten kann. Denkbar ist selbstverständlich auch, dass der Franchisegeber die Übernahme dieser Aufgaben anders kalkuliert hat und seine Vergütung erst im Rahmen der späteren Franchisepartnerschaft erhält. Dann allerdings bezahlen die Franchisepartner die Leistung mit, die für Kandidaten erbracht wurde, mit denen später kein Franchisevertrag abgeschlossen worden ist. Man kann also sagen, dass die  Zahlung der Vergütung durch den betroffenen Kandidaten im Rahmen eines Vorvertrages fair ist.

Die Delegation der Aufgabe auf den zukünftigen Franchisenehmer hat für den Franchisegeber gewisse Vorteile. Dadurch wird nämlich deutlich, dass es sich um dessen Aufgabe handelt und dass die Nichtauffindung eines geeigneten Standortes keine Pflichtverletzung des Franchisegebers ist. Falls der Franchisegeber hingegen als Dienstleister auftritt, womöglich noch in einem vertragslosen Zustand, kann hinsichtlich der Verteilung der Pflichten und Obliegenheiten schnell ein Missverständnis auftreten. Deshalb ist es sinnvoll, einen Vorvertrag oder eine Reservierungsvereinbarung abzuschließen und die Verteilung der Aufgaben klar zu regeln.

Risiken einer Standortanalyse

Im Rahmen der Entscheidung für eine Immobilie findet notwendigerweise eine Bewertung des Standortes statt. Das ist unvermeidlich. Offen sind nur die Fragen, wer diese Bewertung vornimmt und ob die Ergebnisse in einer schriftlichen Standortanalyse zusammengefasst werden.

Für den Franchisegeber ist dies ein Feld, auf dem Haftungsrisiken lauern. Wer als Franchisegeber, wie ein Unternehmesberater eine Analyse mit Bewertung vornimmt, haftet für Analyse- oder Bewertungsfehler ebenso wie ein Unternehmensberater. Im Unterschied zu einem Unternehmensberater sind die meisten Franchisegeber nicht mit einer Berufshaftpflichtversicherung ausgestattet. Vor diesem Hintergrund ist es für Franchisegeber nicht ratsam, eine schriftliche Standortanalyse zu erstellen.

Teilweise ist in der juristischen Fachliteratur die Auffassung vertreten worden, der Franchisegeber schulde eine Standortanalayse, selbst wenn dies nicht in einem Vorvertrag vereinbart worden ist. Diese Auffassung ist unzutreffend und hat sich nicht durchgesetzt. Es gibt nämlich keine gesetzliche Pflicht, eine Standortanalyse zu erstellen. Eine ungeschriebene vertragliche Pflicht des Franchisegebers ist ebenfalls nicht anzunehmen, weil die Entscheidung für den Standort eine Obliegenheit des Franchisenehmers ist. Diejenigen Franchisegeber, die eine Standortanalyse anbieten müssen, weil diese Herangehensweise für den späteren Erfolg des Franchisenehmers von ausschlaggebender Bedeutung ist, sind gut beraten, wenn sie die diesbezüglichen Geschäftsprozesses wenigstens in einem Vorvertrag regeln und die Haftung soweit begrenzen, wie dies in einem Formularvertrag möglich ist.

Im Lichte dieser Erkenntnisse bemühen sich einige Franchisegeber auch, den Problemen auszuweichen, in dem die Standortanalyse nicht schriftlich gegeben und zugleich wiederholt betont wird, dass die Bewertung des Standortes und die diesbezügliche Entscheidung allein dem Franchisenehmer obliegen. Hier hat sich eine Grauzone gebildet, in der die Franchisegeber ihre Haftung womöglich nicht zuverlässig beschränken können. Umgekehrt ist auch dem zukünftigen Franchisenehmer und seiner Standortentscheidung nicht optimal gedient, wenn der Franchisegeber aus Gründen der Haftungsvermeidung auf eine klare Kommunikation verzichten muss. Eine naheliegende Lösung besteht deshalb darin, die Aufgabe der Standortanalyse und Standortbewertung auf einen selbständigen Unternehmensberater zu delegieren, den der Franchisegeber ausgewählt hat und der von dem Franchisenehmer beauftragt wird. Im Fall von Analysefehlern ist der Unternehmensberater wenigstens versichert und hat die Kosten dieser Versicherung im Rahmen seiner Vergütung berücksichtigt. 

Standortsicherung

Bei den meisten Franchisesystemen findet die Unterzeichnung des Franchisevertrages erst dann statt, wenn der Standort verbindlich ausgewählt ist. Häufig werden Franchisevertrag und Mietvertrag am gleichen Tag unterzeichnet. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in den Franchiseverträgen der ausgewählte Standort mit voller Adresse einzusetzen ist, weil sich daran bestimmte Rechtsfolgen knüpfen sollen. Beispielsweise kann der Franchisevertrag eine Regelung enthalten, wie im Falle eines späteren Wechsels des Standortes zu verfahren ist.

Davon getrennt zu betrachten ist die Frage, wie der Standort dauerhaft für das System gesichert wird. Einige Franchisegeber mieten den Standort selbst an und sorgen anschließend für eine Untervermietung an den Franchisenehmer. Dabei geht es darum, den Standort dauerhaft für das Franchisesystem zu sichern, als ggf. auch über die Laufzeit des Franchisevertrages hinaus. Für den Franchisenehmer ist dies potentiell mit Nachteilen verbunden: Wenn die Zusammenarbeit endet und er sein Unternehmen außerhalb des Franchisesystems mit einer anderen Marke fortsetzen möchte, ist ein Wechsel des Standortes erforderlich. Viele Franchiseverträge schränken die Möglichkeit zum nachvertraglichen Wettbewerb allerdings ohnehin ein, so dass dieser Aspekt in der Praxis nicht unbedingt bedeutsam ist. Die Anmietung des Standortes durch den Franchisegeber kann aber auch andere, aus Sicht des Franchisenehmers wertvolle Funktionen haben. Einige Vermieter, insbesondere die Betreiber von Einkaufszentren und Ladenpassagen, weigern sich, die Geschäftsflächen an Existenzgründer zu vermieten. In diesen Fällen ermöglicht die Anmietung durch den Franchisegeber überhaupt erst die Sicherung des Standortes. Denkbar ist auch, dass der Franchisegeber auf seine Kosten in Umbau und Ausstattung der Betriebsräume investiert und diese Investition im Rahmen der Unterverpachtung an den Franchisenehmer kapitalisiert und zurückverdient. In diesen Fällen übernimmt der Franchisegeber also einen Teil der Investition und trägt dazu bei, dass das Volumen der Friends Kapital Finanzierung durch die Hausbank des Franchisenehmers entsprechend geringer ist.

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