Mehr Interessenten – und bitte nur die besten Unternehmertypen! Welcher Franchise-Geber würde da widersprechen? Doch in der Praxis sehen viele Franchise-Geber in der Franchise-Partner-Gewinnung ihren größten Engpass. Gefragt sind die richtigen Maßnahmen, um (1) die Anzahl von geeigneten Kandidaten kostengünstig zu erhöhen und (2) um im Kampf um die besten Kandidaten die Nase vorn zu haben.
Vor Jahren wurden noch zweistellige Wachstumsraten mit neuen Partnern erzielt. In 2012 ist dies deutlich zurückgegangen. Drei von vier Franchise-Gebern haben ihre Ziele im vergangenen Jahr nicht erreicht, wie eine aktuelle Studie des Instituts für Markenfranchise ergab. Doch die Systeme wollen wachsen. Und sie müssen – die gewinnträchtige Expansion ist schließlich der eigentliche Zweck, den ein Franchise-Geber mit seinem Franchise-System erreichen will.
Die größten Engpässe bei der Partnergewinnung werden in einer zu geringen Leadanzahl und einer schlechten Leadqualität gesehen. Das spiegeln auch die Zahlen wider: Nach einer Faustformel führen 100 Interessentenanfragen zu einem Franchise-Vertrag. Doch etwa die Hälfte der in der Online-Studie befragten Systeme zählt monatlich weniger als 25 Leads – je nach Umwandlungsquote und Leadqualität wachsen daraus also durchschnittlich drei Franchise-Partner pro Jahr. Um als System dauerhaft zu expandieren, ist das deutlich zu wenig.
Die eigene Präsenz nicht dem Zufall überlassen
Wie kann man diese Wachstumshindernisse überwinden? Welche Rezepte haben sich bewährt? Schauen wir uns dafür die erfolgsreichen Systeme an. Denn: Ja, es gibt sie durchaus! Franchise-Systeme, für die sich jeden Monat 100 bis 200 Gründer interessieren. Franchise-Systeme, die trotz strenger Auswahlverfahren mehr als zehn Franchise-Partner pro Jahr hinzugewinnen und denen – gemeinsam mit den bestehenden Partnern – so ein dynamisches Wachstum gelingt.
Zunächst sei angemerkt: Die gezielte Expansion mit mehr als fünf Partnern pro Jahr kostet Geld. Etwa 7.500 bis 15.000 Euro kostet dann durchschnittlich ein Vertrag (inklusive PR, Provisionen und Werbe- und Mediakosten). Wer nicht gezielt in Maßnahmen zur Partnerakquisition investieren kann oder will, wird in der Regel auch nur zufällig mit ein, zwei oder drei Partnern pro Jahr wachsen können. Laut Studie geben Systeme mit einem höheren Leadaufkommen durchschnittlich mehr Geld für einen Franchise-Vertrag aus als Systeme mit geringer Leadanzahl. Dieser Aspekt deutet darauf hin, dass sie insgesamt entschieden mehr Maßnahmen ergreifen, um eine nennenswerte Präsenz und Aufmerksamkeit für ihr System zu erzielen. Denn punkten müssen Franchise-Geber nicht nur gegenüber anderen Franchise-Gebern. Sie stehen heute mit allen anderen Unternehmen im Wettbewerb, die auf dem Arbeitsmarkt mit attraktiven Stellenangeboten um die besten Kräfte werben.
Der erste Eindruck zählt
Dreh- und Angelpunkt in der Kommunikation ist natürlich die eigene Homepage. Viel wichtiger ist heute aber das „Web-Image“ des Franchise-Gebers, des Franchise-Partners und des eigentlichen Geschäfts. Es empfiehlt sich, dem franchise-bezogenen Image genauso viel Aufmerksamkeit zu widmen wie dem konsumentenbezogenen. Viele Unternehmen haben hier ein enormes Optimierungspotenzial, das sich auszuschöpfen lohnt. Denn welcher Interessent wird nicht zunächst im Internet umschauen und die Homepage besuchen – bevor er sich für eine persönliche Kontaktaufnahme entscheidet?
Neben der Homepage und Präsenzen auf den gängigen Franchise-Internetportalen werden PR-Maßnahmen laut Studie zu den drei erfolgreichsten Aktivitäten bei der Interessentengewinnung gezählt. PR kann dazu beitragen, die Bekanntheit als Franchise-Geber zu erhöhen und den Aufbau eines positiven Images fördern. Je besser es gelingt, eine gut gestimmte und chancenreiche „Grundmusik“ zu erzeugen – in den Medien, im Internet, in sozialen Netzwerken und Foren –, desto stärker können Franchise-Systeme Interessenten an sich ziehen, einen positiven Resonanzboden schaffen und so auch die Wirkung aller Akquisitionsmaßnahmen erhöhen. Die glaubwürdigsten Botschaften senden journalistisch aufbereitete Erfolgsgeschichten und machen die bestehenden Franchise-Partner zu Markenbotschaftern des Franchise-Systems.
Über 200 Stunden bis zur Vertragsunterschrift
Doch neben der Lead-Gewinnung ist auch der Umgang mit Leads entscheidend. Das gilt nicht nur für Systeme, bei denen jede Interessentenanfrage zählt. Auch nachgefragte Systeme müssen auf einen wertschätzenden und gleichzeitig ressourcenschonenden Umgang mit ihren Leads achten. Denn allein eine hohe Lead-Anzahl sagt noch lange nichts über die Anzahl der abgeschlossenen Franchise-Verträge aus. Der Prozess – vom Eingang des Interessentenkontakts über ein erstes Telefonat, das Erstgespräch bis zum Vertrag – zieht sich über mehrere Monate der beiderseitigen Entscheidungsfindung hin. Der Franchise-Geber muss hier vor allem den Spagat zwischen der intensiven Prüfung eines Kandidaten auf dessen Eignung als Franchise-Partner und dem Verkauf der Franchise beherrschen. Das ist nicht immer leicht. Denn: Wer nicht prüft, gefährdet die Nachhaltigkeit der Expansion. Wer zu viel prüft und nicht verkauft, gefährdet die Dynamik der Expansion.
Eine konservative Schätzung zeigt: Ein Franchise-Geber investiert – legt man die 100:1-Faustformel zu Grunde – mehr als 200 Stunden (!) pro Franchise-Vertrag (siehe Tab.). Diese Zeitaufwendung deutlich zu reduzieren und dennoch einen wertschätzenden und akquisitionsstarken Umgang mit den Interessenten zu pflegen, wird nur schwerlich möglich sein. Vielmehr kommt es darauf an, den eigentlichen Engpass zu erkennen und zu beheben: Die erste Auswahlstufe muss so professionell abgebildet werden, dass sie keine wichtigen Ressourcen bindet und dennoch jedem Interessenten die verdiente Aufmerksamkeit schenkt. Dazu gehört die frühe, aber verbindliche und wertschätzende Absage genauso wie die persönliche Begleitung des Kandidaten durch den gesamten Auswahlprozess.
In der Praxis sollte ein Franchise-Geber zunächst festlegen, welche Ressourcen für die Partnergewinnung benötigt werden und diese dann mit internen und/oder externen Kräften bereitstellen. Wer sich für ein Outsourcing entscheidet, sollte auch hier einiges beachten: Nicht alle Phasen eines Akquisitionsprozesses sollten aus der Hand gegeben werden. Vor allem die konkreten Verkaufsgespräche sollten genauso wie Hospitationen und die späteren Vertragsverhandlungen in den Händen des Franchise-Gebers liegen. Die anfängliche Bearbeitung der Leads wie auch ein erstes qualifizierendes Telefon- und Kennenlerngespräch lassen sich dagegen auch durch erfahrene Dienstleister abbilden. Sie machen aus Leads Kandidaten, die sie dann an die Zentrale übergeben. Der Franchise-Geber kann sich so auf die richtigen Kandidaten und den intensiven Verkaufsprozess konzentrieren. Denn gerade vom Erstgespräch bis zur finalen Entscheidung für oder gegen eine Franchise-Partnerschaft ist eine enge, sensible Begleitung der Kandidaten durch den Franchise-Geber gefragt.
Fazit
Eine dynamische Expansion mit neuen und bestehenden Franchise-Partnern ist kein Hexenwerk. Doch man sollte das Systemwachstum auch nicht dem Zufall überlassen und mit geeigneten Maßnahmen an den richtigen Stellschrauben drehen. Franchise-Geber sollten ihr Image auf Expansion ausrichten – mit einer crossmedialen, franchisespezifischen Kommunikation. Und Franchise-Geber sollten ihre Interessenten begeistern und binden – und den Akquisitionsprozess dabei aktiv, aber effizient gestalten.
Partnerakquisition